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Die Synagoge

Synagoge in der Wollenweberstraße, Postkarte zwischen 1870 und 1899 ©Stadtarchiv Frankfurt Oder

Gedenkstein der Synagoge am Brunnenplatz

Postkarte Synagoge Tuchmacherstraße ©Sammlung Gerd Knappe

Von der alten zur neuen Synagoge

Seit sich die ersten jüdischen Händler in der Stadt ansiedelten, waren sie von der Gunst des Kurfürsten abhängig. Jüdinnen und Juden mussten in Brandenburg hohe Abgaben entrichten. Einschränkungen ihrer Rechte sowie gewaltsame Vertreibungen aus der Stadt waren an der Tagesordnung. So ging Anfang des 16. Jahrhunderts das Gelände der ersten Synagoge nach einem Pogrom in den Besitz der Universität Viadrina über, die dort ihr Collegienhaus errichtete. Zur ersten Synagoge in Frankfurt (Oder) ließen sich keine Quellen ermitteln.

Erst im 19. Jahrhundert änderte sich die rechtliche Situation grundlegend: Durch das Emanzipationsedikt von 1808 erhielt auch die jüdische Bevölkerung von Frankfurt (Oder) erstmals das Bürgerrecht. Auch die Beschränkungen im Wohnrecht und den Berufen wurden aufgehoben. Jüdische Männer und Frauen galten in der Folge als gleichberechtigte Bürger:innen der Stadt Frankfurt (Oder) und erhielten zudem die preußische Staatsbürgerschaft. Die Reformen brachten der jüdischen Bevölkerung Sicherheit und Wohlstand. Es entstand ein liberales Klima innerhalb der jüdisch-nichtjüdischen Nachbarschaft. Durch das gewachsene Bildungsangebot und die neuen beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten wanderten viele Jüdinnen und Juden vom Land in die Städte ab. Auch in Frankfurt (Oder) wuchs die jüdische Gemeinde zu dieser Zeit stark an. 1822 beschloss die Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge in der Tuchmacherstraße.

Ein Jahr später, im September 1823, wurde das einstöckige Gebäude im klassizistischen Stil feierlich eingeweiht. In die Ostseite des schlichten Innenraumes war die heilige Lade eingelassen. Sie war durch zwei korinthische Säulen und einen darauf gesetzten Dreiecksgiebel umrahmt. Nach Westen, zur Tuchmacherstraße, führten vier Fenster. Der Hauptzugang erfolgte über das Jüdische Kulturhaus in der Richtstraße. Erst 1882 wurde ein zweiter Zugang für die Frauen zur erhöhten Frauengalerie geschaffen. Die liberale Gemeinde ließ sich von der Firma Sauer eine Orgel einbauen, was als Zeichen der Annäherung an die christlichen Nachbar:innen gedeutet werden kann. Seitdem spricht man auch von der „Orgelsynagoge“.

Die offene Haltung gegenüber der nichtjüdischen Nachbarschaft zeigt auch die Ansprache des Rabbiners Baschwitz in der Eröffnungszeremonie. Darin heißt es: „Auch wenn der Ausländer, der nicht von deinem Volk Israel ist, kommt, und in diesem Hause betet, so erhöre du ihn im Himmel, deinem beständigen Thron, und tue alles, worum er dich anruft, dass keiner gebeugt und trostlos diesen Ort verlasse.“ Doch nicht die gesamte jüdische Bevölkerung Frankfurts war mit der Reformierung ihres Glaubens einverstanden. Vor allem jüdische Eingewanderte aus dem östlichen Europa hielten an ihren orthodoxen Traditionen fest. So kam es um 1840 zu einer Spaltung der Gemeinde. Die Anhänger:innen des orthodoxen Judentums verließen die liberale Synagoge und trafen sich fortan an unterschiedlichen Orten, ab 1924 in der Großen Scharrnstraße 34 zum Gebet.

Die Synagoge während des Nationalsozialismus

Das liberale Klima und das friedliche Zusammenleben aller Konfessionen in Frankfurt (Oder) nahmen mit dem Beginn der NS-Herrschaft ein jähes Ende. Die antisemitische Propaganda spitzte sich immer weiter zu, bis im November 1938 schließlich jüdische Geschäfte und Synagogen in ganz Deutschland zerstört wurden. Die Reichspogromnacht wurde von den Nationalsozialisten penibel vorbereitet. Ein Einwohner Frankfurts erinnerte sich später, wie die Feuerwehr die an die Synagoge angrenzenden Häuser am 9. November vorbeugend nässte. Wenige Stunden später brannte die Inneneinrichtung der Synagoge. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges nutzten die Nationalsozialisten das Gebäude als Papierlager.

Die Synagoge in der Nachkriegszeit

Wann die Synagoge in der Nachkriegszeit abgerissen wurde, lässt sich heute nicht mehr genau bestimmen. Auf einem Luftbild aus dem Jahr 1953, das die weitgehend abgerissene Altstadt Frankfurts dokumentiert, ist sie bereits verschwunden. Anlässlich des 50. Jahrestages der Reichspogromnacht wurde am ehemaligen Standort der Synagoge ein Gedenkstein eingeweiht. Unter den Gästen der Zeremonie befand sich auch der letzte Rabbiner der Frankfurter Gemeinde, Curtis Cassel, der für diese auf Einladung des Frankfurter Oberbürgermeisters aus Großbritannien eingereist ist. Die Initiative zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde in der Stadt ging auf eine Zusammenarbeit von der Stadt Frankfurt (Oder) und der katholischen Kirchengemeinde Heilig Kreuz; unterstützt durch einen ökumenischen Arbeitskreis zurück. Im Zuge des Baus der Lenné-Passagen zu Beginn der 2000er Jahre wurde der Gedenkstein auf die gegenüberliegende Straßenseite verlegt, wo er bis heute zu besichtigen ist. Direkt vor dem Mahnmal wurde zudem eine kleine Tafel in den Boden eingelassen, auf welcher der Standort der alten Synagoge im heutigen Stadtplan zu sehen ist.