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Hebräischer Buchdruck

Talmud von Gottschalck, Michael Frankfurt/ Oder und Berlin, 1738 ©Ausstellung Museum Viadrina

Hebräischer Druck von 1865 ©Ausstellung Museum Viadrina

Hebräischer Druck. Vermutlich aus dem Besitz von Prof. Johann Christoph Beckmann, 1693 ©Ausstellung Museum Viadrina

Ausstellungsraum zum Buchdruck in Frankfurt (Oder) ©Museum Viadrina

Hebräischer Buchdruck

Zur Universität Viadrina gehörte ab dem späten 16. Jahrhundert auch eine Druckerei. Da an der theologischen Fakultät der Universität auch die hebräische Sprache unterrichtet wurde, bestand Bedarf an entsprechenden Druckerzeugnissen. Die Druckerei Eichorn kam diesem Bedürfnis nach und beschaffte um 1591 einen hebräischen Typensatz.

An der Viadrina reifte um 1600 der Plan, eine hebräische Bibel herauszugeben. Eichorn machte vermutlich ein zu teures Angebot, weshalb der Buchverleger Hans Hartmann und sein Sohn Friedrich schließlich die Druckerlaubnis erhielten. Sie warben Fachkräfte aus Wittenberg an und konnten so 1596 die Biblia Hebraica Hartmannorum herausgeben, die insbesondere im nahen Polen einen Absatzmarkt fand. Seine Blütezeit erlebte der hebräische Buchdruck in Frankfurt (Oder) in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Viadrina-Professor Johann Christoph Beckmann. Beckmann stammte aus Zerbst und war 1659 als Achtzehnjähriger nach Frankfurt (Oder) gekommen. Nach einer kurzen Dozententätigkeit erhielt er vom brandenburgischen Kurfürsten ein Reisestipendium und bereiste Europa. In Amsterdam traf er 1663 nicht nur mit jüdischen Studenten zusammen, sondern auch mit dem rabbinischen Gelehrten Jakob Abendana. Er studierte den Talmud und kehrte 1666 nach Frankfurt zurück.

Die Anfänge der Orientalistik an der Viadrina

Beckmann brachte von seinen Reisen die Ideen der Frühaufklärung mit an die Viadrina. Er lehrte bis zu seinem Tod 1717 an der Universität und war insgesamt achtmal deren Rektor. Die Viadrina entwickelte sich aufgrund der Zulassung jüdischer Studenten zu einem Amsterdam des Ostens, wobei neben den hebräischen Studien auch die Orientalistik insgesamt an Bedeutung gewann. Im Jahr 1673 erwarb Beckmann schließlich eine Druckerei. Er erhielt die Erlaubnis, zwei jüdische Buchdrucker zu beschäftigen, die aufgrund von Protesten der Frankfurter Bürger:innen unter dem direkten Schutz der Universität standen. Es gelang ihm, jüdische Fachleute aus dem Ausland anzuwerben. Der Bedarf an hebräischen Schriften war enorm und die Druckerei prosperierte. Beckmann durfte weitere jüdische Drucker einstellen und machte sich an sein Hauptwerk, die Neuauflage des zuletzt 1645 erschienenen Babylonischen Talmuds. Der Talmud, zu Deutsch Belehrung bzw. Studium, ist neben der Heiligen Schrift der Juden, dem Tanach, die wichtigste Grundlage der jüdischen Religion.

Das Ende des hebräischen Buchdrucks

Insbesondere im nahen Polen bestand in dieser Zeit eine große Nachfrage nach Talmud-Ausgaben, da als Folge der Kosakenaufstände selbst in größeren Gemeinden kaum mehr hebräische Literatur vorhanden war. Der Kurfürst hoffte auf wirtschaftliche Impulse für den wichtigen Messestandort Frankfurt (Oder) und gewährte der Beckmannschen Druckerei schließlich 1693 gegen einigen kirchlichen Widerstand das Privileg zum Neudruck des Talmuds. Beckmann schloss sich mit dem Frankfurter Buchhändler Michael Gottschalck zusammen. Als es ihm nicht gelang, einen Finanzierer für das ehrgeizige Vorhaben zu gewinnen, verkaufte er die Druckerei an seinen Partner und widmete sich wieder ganz der Wissenschaft.

Gottschalck gelang es 1697, den Hofbankier des Kurfürsten von Sachsen als Finanzierer zu gewinnen. Er konnte noch im selben Jahr die ersten Ausgaben des Talmuds ausliefern, dessen zwölf Bände in einer Auflage von 2.000 Exemplaren guten Absatz in ganz Europa fanden. Gottschalck wurde durch diesen Auftrag zu einem wohlhabenden Mann. Seine Druckerei prosperierte und druckte 1722 eine zweite Auflage des Talmuds.

Nach Gottschalcks Tod übernahm der Professor für Philologie Johann David Grillo die Druckerei. Die Anfänge seines Engagements sind von Katastrophen überschattet, die ihn fast ruinierten. So geriet ein Amsterdamer Lagerhaus in Brand, in dem sich eine Neuauflage des Talmuds befand. Zudem versank ein Schiff mit einem weiteren Teil der Auflage. Schließlich ließ sich der Talmud nur noch schwer absetzen, da es inzwischen Konkurrenz gab. Trotzdem gelang es ihm, den Druckereibetrieb aufrecht zu erhalten und zu einer neuen Blüte zu führen.

Die gut gehende Druckerei blieb bis 1796 im Besitz der Familie Grillo. Im selben Jahr übernahm sie der Theologieprofessor Christian Friedrich Salomo Elsner, der jedoch kein unternehmerisches Glück hatte. Erst im Jahr 1813 erwarb mit dem ehemaligen Druckereimitarbeiter Hirsch Meyer Baschwitz erstmals ein jüdischer Unternehmer die Druckerei. Nach der Schließung der Universität 1811 jedoch mussten die Druckereien in Frankfurt nach und nach mangels Nachfrage ihre Arbeit aufgeben. Wann genau die hebräische Druckerei ihre Arbeit eingestellt hat, ist heute nicht mehr festzustellen.