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Jüdische Gemeinde

Gemeindehaus der Jüdischen Gemeinde, Halbe Stadt 30

Die jüdische Gemeinde heute

Die jüdische Gemeinde in Frankfurt (Oder) hat eine acht Jahrhunderte umfassende Geschichte, wobei der Holocaust eine wichtige Zäsur darstellt. Während der nationalsozialistischen Herrschaft zwischen 1933 und 1945 wurden die meisten der 800 jüdischen Mitmenschen vertrieben. Jene, die es nicht rechtzeitig schafften, wurden verfolgt, verschleppt oder ermordet. Die Tyrannei der Nationalsozialisten löschte unwiederbringlich das aus, was Frankfurt (Oder) zur wohlhabenden, liberalen und toleranten Messestadt werden ließ.

Als „Kontingentflüchtlinge“ nach Frankfurt

Zu DDR-Zeiten existierte keine jüdische Gemeinde in der Grenzstadt. Erst Ende der 1990er Jahre siedelten die ersten aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Jüd:innen in Frankfurt (Oder) an. Viele der jüdischen Emigrant:innen entschieden sich nicht für Israel, sondern für Länder, die ihrem bisherigen Kulturkreis näher standen. Bundesdeutsche Behörden verteilten diese sogenannten Kontingentflüchtlinge unter Berücksichtigung der Familienzusammenhänge auf die deutschen Bundesländer. Von Sommer 1997 bis Ende 1998 kamen fast 200 Menschen aus der Ukraine, Belarus und Russland nach Frankfurt (Oder).

Integration der neuen jüdischen Gemeinde vor Ort

In Frankfurt (Oder) ergaben sich zudem einige grundlegende Schwierigkeiten. Den meisten Gemeindemitgliedern war es in Zeiten des sowjetischen Kommunismus nicht möglich, ihren Glauben und ihre Kultur frei auszuleben. Zudem fehlt es in der Doppelstadt an den wesentlichen Bestandteilen einer jüdischen Gemeinde: einer Synagoge als Gebetshaus, einem Rabbiner, welcher als Oberhaupt fungiert sowie dem rituellen Bad, der sogenannten Mikwe. Das wichtigste in einer funktionierenden Gemeinde sind jedoch aktive Mitglieder. Diese bieten Führungen und Workshops zu Themen wie jüdische Geschichte, Kultur, Traditionen und Religion an. Ferner existiert ein russischsprachiges Gemeindeblatt.

Trotzdem machen die Aktivitäten der neuen jüdischen Gemeinde Hoffnung auf eine dauerhafte Bereicherung der Stadt. So wurde das Gemeindehaus in der Halben Stadt im Jahr 2009 renoviert. In einer Sonntagsschule lernen Kinder Russisch, studieren die jüdischen Traditionen und können gemeinsam singen, basteln oder spielen. Interessierte Frankfurter:innen können freitagabends am Schabbat miterleben, wie Jüd:innen den heiligen Ruhetag beginnen. Darüber hinaus steht das Gemeindehaus offen für den Besuch einer Ausstellung über die jüdische Geschichte in Frankfurt (Oder) bis zur Shoa und über die heutige Gemeinde.

Von Piotr Franz und der Redaktion